Heute Morgen habe ich nach dem Frühstück in der „Brigitte“ geblättert. Dabei bin ich auf den Artikel "Nach der Kündigung fing mein richtiges Leben an - Yasemin H., 38, zwei Kinder, verzichtete auf ihre Karriere und viel Geld - für ein Leben als Hausfrau und Mutter". In diesem einen Artikel geht es also um Yasemin H., die sich mit 30 Jahren nach einem Gespräch mit ihrem Mann entschlossen hatte, auf ihren auslaugenden Beruf zu verzichten und ein Kind zu bekommen, und das Muttersein jetzt selbstbewusst genießt. – DIESER Artikel mit DIESEM Tenor in der „Brigitte“. Mir blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen.
Vor 18 Jahren bin ich wegen meiner Tochter aus dem Beruf ausgestiegen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden. Es war nicht einfach. Als emanzipierte, relativ erfolgreiche Frau den Beruf aufzugeben. Bissige Kommentare von Freundinnen und Kolleginnen inbegriffen.
Unterstützung in diese Richtung von „Brigitte“ – weit gefehlt. Es war die Zeit, als Frauen in schwarzen Blazern und weißen Hemdblusen das Bild der erfolgreichen Frau in der „Brigitte“ prägten. Frauen, die noch nicht mal schwanger waren, hatten schon den Wiedereinstieg in den Beruf zu planen.
Und da saß ich nun mit dröhnenden Stimmen im Kopf und einer zarten Stimme im Herzen auf dem heimischen Sofa. Meine kleine Tochter auf dem Arm, der mein Herz gehörte. Was ist der richtige Weg? – Beim Kind bleiben oder in die Berufswelt hinaus? Mein Herz hat Gott sei Dank gesiegt, ich wollte immer in der Nähe meines Kindes sein… die Stimmen im Kopf haben allerdings einen Teilsieg errungen. Als mein früherer Arbeitgeber fragte, ob ich einen Übersetzungsauftrag übernehme, sagte ich nicht Nein. So habe ich tagsüber mich um meine Tochter gekümmert und nachts meine Übersetzungsaufträge bearbeitet. Und konnte übermüdet die Zeit mit meiner Tochter - nach 3 Jahren mit meinen zwei Töchtern - nicht wirklich voll genießen.
Als ich heute den Artikel gelesen habe, spürte ich zuerst Wut und dann einen Stich in meinem Herzen. Hätte „Brigitte“ – oder andere Zeitschriften, Zeitungen, Medien – das vor 18 Jahren mal geschrieben bzw. gesendet. Dann hätte ich die Zeit wahrscheinlich viel mehr genießen können! Trauer darüber, dass ich damals dem Mainstream doch zumindest teilweise aufgesessen bin.
PS: Nachdem ich meine erste Verblüffung überwunden und mir meine Trauer eingestanden hatte, konnte ich mich über diese schöne Entwicklung aufrichtig freuen.
This morning after breakfast, I was leafing through ‘Brigitte’, a popular women’s magazine in Germany. In doing so, I came across an article about a woman who had decided to give up her exhausting job and to have a baby at the age of 30 after having had discussed this matter with her husband. She is now self-confidently enjoying her being a mother. Here the title translated by me for your better understanding "That was after resigning from my job that my real life started - Yasemin H., 38, two kids, gave up her career and a lot of money - for a life as a housewife and mother." – THIS article helding THIS point of view in the ‘Brigitte’. I was silenced from my stupefaction.
18 years ago, I gave up my job because of my daughter. It was a conscious choice, although not an easy one. To give up my job as an emancipated, rather successful woman. Nasty remarks made by friends and colleagues included.
Being supported to follow the path I’had chosen by ’Brigitte’ - far from it. It was the time when in ‘Brigitte’ women wearing black blazers and white shirt-blouses stood for successful women. Women, not even pregnant, had to plan their re-entry into their careers.
So I was sitting, back then, on my sofa at home with roaring voices in my head and a gentle voice in my heart. Holding my little daughter in my arms, to whom my heart belonged. Which is the right path? – To stay with the kid or to go out to the business world? My heart won – thank goodness, I wanted to always be around my kid. However, the voices in my head gained a partial victory. When my former employer asked whether I wanted to do some translation jobs for them, I didn’t say No. So I was taking care for my daughter in the day and translating at night. And, overtired as I was, couldn’t fully enjoy my time with my daughter – with my daughters after three years.
When reading this article today, I first felt anger and then a stab in the heart. If ‘Brigitte’ – or any other magazine, newspaper, media – had written or broadcasted this message 18 years ago, I might have been able to enjoy that time more than I did! Seeing with sadness that I had fallen in the trap of the mainstream – at least to some extend – at that time.
PS: After having overcome my first stupefaction and having accepted my sadness, I could genuinely be happy about this wonderful change for the
better.
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Stephanie (Montag, 04 März 2013 21:02)
Es ist wichtig, die Wahl zu haben. Ich denke, unsere Gesellschaft entwickelt sich immer mehr in diese Richtung - Wahlfreiheit - und das ist gut so. Du hast damals - wie so viele Frauen - versucht, jedem gerecht zu werden. Nur nicht Dir selbst....
Aber vergiss nicht. Wir sind alle ein Produkt unserer Erfahrung. Und auch die Erkenntnis im Nachhinein, dass ein Weg nicht der richtige war, ist wichtig für unser aktuelles Dasein.
susannerieger (Montag, 08 Juli 2013 20:34)
Es ist gut, dass wir immer mehr Wahlfreiheit bekommen. Ich stimme dir zu, dass es so ist wie es ist... und man aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernt ;-) - Und wie sagt Barbara Sher so schön - wir haben immer unser Bestes gegeben.